Julio und Jimmy als Puppen im Auftrag des Stern

Kürzlich wurde ich auf eine Ausstellung im hessischen Puppenmuseum in Hanau aufmerksam. Genau genommen erregten meine Aufmerksamkeit die Puppen eines weißen Pferdes mit rotem Sattel und eines zugehörigen Reiters  mit großem Sombrero.

Nach weiterem Stöbern im Museum hatte ich noch ein Foto, aufgenommen an einem Strand mit riesigem aufgeblasenem Gummipferd gefunden. Dieses Foto war glücklicherweise mit einer Adresse versehen.

Auf meine Anfrage an den ehemaligen Puppenspieler Herbert Donath bekam ich eine sehr nette und ausführliche Antwort sowie einige alte Fotos, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:

"Ab 1954 hatte ich als Metzger, abends die Hamburger Schauspielschule besucht. Vorwiegend, um mich außer sächsisch auch noch "hochdeutsch" äußern zu können.

 

 

Nach drei Jahren schloss ich mich einem Puppentheater an. Diesem "Kabinett der Puppen" wurden vom "Stern" kostenlos die Handzettel und Plakate geliefert. Mit Werbeaufdruck für das Sternchen. Ich bekam einen kleinen, mit Kasper, Julio, Jimmy und weiteren Puppen bunt verzierten Wohnwagen gestellt und spielte in Kinos, Kursälen und später in Bürgerhäusern in fast der gesamten damaligen BRD.

 

 

Ebenfalls als Puppe auf Tour:
Reinhold das Nashorn

 
 

Für besondere Werbung wurden damals zwei Mercedes Baujahr 1923(?) nachgebaut. Ich bekam extra große Puppen um in großen (1200 Plätze) Kinos spielen zu können. Und natürlich eines der tollen Fahrzeuge. Ausgerüstet mit Straßenbahnklingel, Spanischem Stierhorn, Hochdruckpfeife und weiteren "Spezialitäten" verteilte ich hunderte "Sternchen" zugleich mit Handzetteln für meine nächste Vorstellung. Ich machte alles, außer den Terminen, allein. Einmal Spanisches Stierhorn in den Hochhausschluchten aufheulen lassen und schon war ich umringt von begeisterten Kindern. Ich ließ Handzettel in Schulen und Kindergärten verteilen und machte für diese und meistens auch für geistig oder körperlich Behinderte einen Sonderpreis. Oft sehr zum Missfallen der Kinobesitzer, welche Prozente vom Einspielergebnis bekamen.

Im Sommer spielten wir zusammen mit der zweiten Bühne an der Ostsee. Mal im Freien, mal in Kursälen o.ä. Oft war das riesige Stockmannschiff (LKW-Aufbau) dabei und Schwartau stellte uns Süßwaren zum Verteilen zur Verfügung. Ich glaube, dass viele Ihrer Fans auch meine Fans sind und sich bestimmt an die eine oder andere Vorstellung erinnern werden. Nach zwei Jahren machte ich mich unter dem Namen "Hamburger Puppenbühne" selbständig und hatte weiterhin als einziger Puppenspieler die drei Sternchen-Stars im Programm.


 

Das große, mit dem Staubsauger aufgeblasene, in England hergestellte Gummipferd, kam noch einige Zeit bei der Strandwerbung zum Einsatz, hatte aber, nach meinem Weggang, keinen richtigen Bezug mehr zum Sternchen. Soviel ich hörte, wurde es bald als gestohlen gemeldet.

Alles in allem, war die Zeit wunderbar - wie die Frau, die ich 1960 heiratete, und die mich oft begleitete; so wie mein Sohn, den ich oft dabei beobachtete wie er Gleichaltrigen erklärte, wer und was Julio und Jimmy waren. Denn das "Sternchen" gab es schon lange nicht mehr.

Ich schulte nach zehnjähriger Puppenzeit noch mal um, wurde Radio und Fernseh-Techniker und verdiente mir meine Rente."

Die Handpuppen-Ausstellung im Puppenmuseum ist übrigens inzwischen beendet. Die im Bild gezeigten Julio und Jimmy Puppen befinden sich im Besitz der Kasperpuppensammler Doris und Gerhard Schulz-Wahle in Hanau. 

Text und Bilder: Herbert Donath


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